Ob im Personal Branding oder bei Unternehmensmarken – das Credo lautet überall: Sei authentisch! Warum das so wichtig ist und was passiert, wenn man sich nicht daran hält, zeigt die Abgasaffäre bei VW.
„We totally screwed up“, gestand Michael Horn, US-Chef von Volkswagen, nachdem die Abgasmanipulationen des Konzerns in den Vereinigten Staaten bekannt geworden waren. Binnen eines Tages stürzte der Aktienkurs des Konzerns um ein Fünftel ab. Strafzahlungen von mehr als 18 Milliarden Dollar könnten fällig werden. Die US-Behörden kündigten strafrechtliche Ermittlungen an.
Ein Desaster für den Automobilbauer, das mit Sicherheit auch Auswirkungen auf das Image und das Verhältnis zu den Kunden weltweit haben wird.
Wenn Werte nicht gelebt werden
Viele Kommentatoren stellen sich nun die Frage: Wie konnte es zu einem solchen Debakel kommen? Als Ursache wird unter anderem identifiziert, dass sich Entscheidungen von Managern in Unternehmen verselbstständigen, losgelöst von gemeinsamen Werten.
impulse-Chefredakteur Nikolaus Förster kritisiert, dass „Werte zwar auf dem Papier niedergeschrieben werden, aber keinen Bezug zum tatsächlichen Handeln haben“.
Patrick Stähler weist darauf hin, dass VW sich oft als Unternehmen mit hohen moralischen Ansprüchen dargestellt habe – das Schlagwort „responsible“ gehöre zu den drei Kernbotschaften der aktuellen Markenpositionierung.
Doch eben dieser Verantwortung ist man im Falle der manipulierten Abgaswerte wahrlich nicht gerecht geworden. Die eigenen Werte wurden hier mit den Füßen getreten – und das rächt sich nun.
Die richtigen und passenden Werte finden und formulieren
Als Aufforderung formuliert Patrick Stähler: „Bringen Sie Ihr Verhalten in Einklang mit Ihren Versprechen. Es ist ein Drahtseilakt: Versprechen Sie nicht zu viel! Bauen Sie nicht ein Markenimage auf, das nur eine Illusion ist!“ (aus dem Englischen übersetzt)
Hier ist sie also, die so oft geforderte Authentizität. Doch eigentlich beginnt das Problem noch einen Schritt davor:
Es geht nicht nur darum, die Werte und Versprechen zu leben, die man formuliert hat. Es geht vor allem darum, die Werte und Versprechen zu formulieren, die man auch tatsächlich bereits lebt und auch in Zukunft leben will.
Nur so vermeidet man, dass Wunsch und Wahrheit so weit auseinander liegen wie im Falle von VW. Nur so erreicht man, dass Marken als realistisches, authentisches Abbild von Unternehmen und Personen geschaffen werden.
Personal Branding: Authentisch, realitätsnah und ehrlich
Aus dem VW-Skandal kann jeder von uns eine Lektion lernen – nicht nur Unternehmer, sondern auch jeder, dem sein eigenes Personal Branding und Selbstmarketing wichtig ist.
Nicht ohne Grund steht der Bereich WERTE in der Personal Branding Map ganz oben links als erstes Feld in der ersten Spalte. Die eigenen Werte, Überzeugungen und Einstellungen bilden eine wichtige Basis für ein gutes Branding – authentisch und überzeugend.
Jon Christoph Berndt nennt in seinem Buch Die stärkste Marke sind Sie selbst!* unter den Erfolgsfaktoren für die persönliche Markenbildung unter anderem ECHTHEIT. Er warnt davor, mit der eigenen Marke zaubern zu wollen, sich selbst komplett zu verstellen und zu schauspielern.
„Bedenken Sie immer, bei allem, was Sie tun und was Sie lassen: Wo komme ich her? Was ist mir wirklich wichtig, wofür schlägt mein Herz? Ab wann verbiege ich mich und bin selbst ferngesteuert?“ (S. 150)
Genau wie bei der Markenbildung eines Unternehmens solltest du auch beim Personal Branding ein authentisches Bild von dir und deinen Überzeugungen kreieren. Schnell neigt man dazu, irgendwelche großen Schlagwörter zu verwenden und Bilder zu bedienen, von denen man glaubt, sie würden einen besonders positiven Eindruck machen.
Aber Unehrlichkeit bringt in diesem Fall weder dir noch deinem Umfeld etwas.
Sprich lieber nicht von Nachhaltigkeit, wenn du am liebsten im Bentley mit 600 PS über die Autobahn rauschst. Schwärme nicht über deine Leidenschaft und Kompetenz in Sachen Sprache in einem Text voller Rechtschreibfehler. Und spar dir den Hinweis auf deinen Hang zum Minimalismus, wenn du in Meetings mit iMac, iPad, iPhone iWasweißichsonstnoch sitzt.
Personal Branding soll keine Hochstapelei und keine Schauspielerei sein. Doch wo fängt eine Marke an, unecht und nicht authentisch zu sein? Petra Wüst schreibt in Profil macht Karriere*:
„Ob wir authentisch sind oder nicht, erkennen wir an unserem persönlichen Wohlbefinden. Menschen, die innerlich frei sind und sich nicht unentwegt beweisen müssen, fühlen sich wohl in ihrer Haut – und strahlen dies auch aus.“ (S. 22)
Für die Entwicklung deiner persönlichen, authentischen Marke oder einen Abgleich deines Brandings mit der Realität empfehle ich dir die Personal Branding Map als Tool oder auch die Lektüre der beiden oben erwähnten Bücher.
In Bezug auf deine Werte kannst du dir folgende Leitfragen stellen:
- Welche Werte und Glaubenssätze formen deine Persönlichkeit?
- Welche Überzeugungen und Grundsätze leiten deine Karriere?
- Wie beeinflussen diese Aspekte dein professionelles Handeln?
Und vergiss dabei nicht die Lektion aus dem VW-Skandal: Formuliere nur Markenversprechen, die du auch wirklich lebst und leben willst!
Am Ende zählt nicht, was du aufgeschrieben oder dir vorgenommen oder versprochen hast – am Ende zählt nur, was du tatsächlich tust. Und je stärker deine Wunschmarke und dein Handeln einhergehen, desto erfolgreicher wird dein Personal Branding sein.
Bildquelle: Volkswagen AG
Hallo Alexander,
klasse auf den Punkt gebracht! Seine Werte in die Marke zu integrieren hört sich immer so endgültig an – dabei kann jeder sein Branding und seine Message jederzeit anpassen.
Du hast Werte, die du noch nicht lebst? Super, dann fang an, sie zu leben und integriere sie später in deine Marke. Jetzt für den Augenblick kommt die Strategie, auch wirklich nur die tatsächlich gelebten Werte einzubauen, auf jeden Fall besser bei deinen Kunden an!
Danke für den Überblick! 🙂
Alles Liebe,
Martje
Ein ganz toller Artikel. Dem kann man eigentlich nichts mehr hinzufügen.