Strengthsfinder: Aus Talenten Stärken entwickeln

Strengthsfinder

Persönliche Entwicklung bedeutet in unserer Gesellschaft oft, auf die Schwächen eines Menschen zu schauen und diese auszubügeln. Das beginnt schon in der Schule: Ob ein Kind nun mathematisch begabt ist oder nicht – Algebra und Analysis müssen rein in den Kopf, zur Not mit Nachhilfe.

Im Job ist es nicht anders: Da wird im Jahresgespräch vom Chef gerne mal der Finger in die Wunde gelegt – wo es noch nicht rund läuft wird eine Weiterbildung „verordnet“.

Doch dieser Fokus auf unsere Schwächen wirkt demotivierend. Als wichtigste Faktoren für unsere Motivation bei der Arbeit nennt Dan Pink in einem genialen Video Autonomy, Mastery und Purpose.

Wir wollen also möglichst selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten, uns in einem bestimmten Bereich zum Experten entwickeln und dabei etwas Bedeutungsvolles tun. Das aber ist nur möglich, wenn wir etwas tun, das zu unseren Talenten und Stärken passt.

In über zehn Millionen Interviews hat das Gallup Institut Menschen zu ihrer Arbeit befragt. Mehr als zwei Drittel der Befragten geben an, in ihrem Job nicht das tun zu können, was sie am besten können.

Genau bei diesem Problem setzt der Gallup Strengthsfinder* an, ein Persönlichkeitstest zur Identifikation individueller Talente.

Für den Test hat Gallup 34 weit verbreitete menschliche Talente identifiziert. Der Strengthsfinder kann online durchgeführt werden, unmittelbar im Anschluss bekommt man die Auswertung. Ich empfehle, das dazugehörige Buch* zu kaufen und zu lesen – darin ist ein Zugangscode für den Online-Test enthalten. Das Ganze kostet nur 17 Euro.

Bei der kleineren Variante des Tests bekommt man als Ergebnis die fünf Talente genannt, die bei einem selbst am stärksten ausgeprägt sind. Neben der Beschreibung der Talente erhält man Fallbeispiele und Vorschläge, aus denen man einen Handlungsplan erarbeiten kann, um die Talente weiterzuentwickeln.

In der großen Variante (Kosten 89 Dollar) bekommt man eine Auswertung aller 34 Talente. Ich persönlich habe es erst mal bei der kleinen Version belassen. Das empfiehlt auch Jana Kuchheuser, zertifizierter Strengthsfinder-Coach aus Köln: „Schon aus dem Ergebnis der fünf größten Talente ergibt sich eine Menge Potential für die eigene Weiterentwicklung – das ist erst mal Input und Arbeit genug.“

Wer mag, kann später auch jederzeit noch die Differenz zahlen, um Zugang zur Auswertung der restlichen 29 Talente zu bekommen.

Ich selbst habe den Strengthsfinder-Test vor rund einem Jahr gemacht und fand die Auswertung klasse. Der sehr amerikanische Stil der Texte mag für manchen etwas „too much“ sein. Ansonsten habe ich die Beschreibung der Talente aber als sehr passend empfunden und das Ergebnis hat mich motiviert, an diesen Talenten verstärkt zu arbeiten.

Insofern kann ich jedem empfehlen, den Test zu machen – zumal sich die zeitliche und finanzielle Investition in Grenzen hält.

Die Herausforderung ist dann jedoch, am Ball zu bleiben und kontinuierlich mit dem Ergebnis weiterzuarbeiten. Da hapert es bei mir persönlich – und darüber habe ich mich auch mit Jana Kuchheuser unterhalten. Wie ein Coaching dabei helfen kann, Talente zu entfalten – und wie man auch alleine Fortschritte machen kann – liest du im folgenden Interview.

„Name it! Claim it! Aim it!“

Interview mit Stärken-Coach Jana KuchheuserJana Kuchheuser

Jana Kuchheuser hat seit 2000 verschiedene Positionen in der Personalentwicklung bekleidet. Seit 2013 setzt sie als zertifizierter Coach den Strengthsfinder ein und hat sich dazu an der Gallup University in Omaha ausbilden lassen.

Ihr Motto als Coach: „Als Beifahrerin begleite ich Sie auf Ihrer Entdeckungsfahrt zur Ihren Stärken und Talenten. Ihre Freude an Ihren beruflichen Herausforderungen wird wachsen und Ihre Leistungen werden sich kontinuierlich und nachhaltig erhöhen. Das Tempo bestimmen Sie!“

www.strengths-and-talents.com


Frau Kuchheuser, was zeichnet den Strengthsfinder im Vergleich zu anderen Persönlichkeitstests aus?

An allererster Stelle: die positive Philosophie des Ansatzes. In unserem Kulturkreis neigen wir dazu, uns auf Schwächen zu fokussieren und zu schauen, an welchen Stellen wir uns verbessern müssen. Beim Strengthsfinder dagegen wird auf Talente fokussiert und auf die Frage, wie wir daraus Stärken entwickeln können.

Warum ist dieser Fokus auf Talente und Stärken wichtig?

Das hat vor allem etwas mit Motivation zu tun. Gerade in der Personalentwicklung sehe ich, dass die Mitarbeiter ganz überrascht sind, wenn es ausnahmsweise ausschließlich um Positives geht und darum, wie sie ihre Talente weiter ausbauen können. Das motiviert und erzeugt Energie.

Studien haben gezeigt, dass Menschen, die sich bei der Arbeit auf ihre Stärken fokussieren können, viel produktiver sind und sich stärker mit ihrer Arbeit verbunden fühlen.

Also ist der Strengthsfinder vor allem ein Tool für Personalentwickler und Arbeitgeber?

Das ist sicher die eine Einsatzmöglichkeit: Die Talente von Mitarbeitern erkennen und gezielt fördern, sie an den richtigen Positionen einsetzen und Teams optimal zusammenstellen.

Die andere Möglichkeit ist, den Strengthsfinder für die eigene, ganz persönliche Entwicklung zu nutzen. Der Test hilft einem, Klarheit über die eigenen Talente zu gewinnen.

Natürlich wissen die meisten von uns durchaus, was wir gut können und was weniger. Der Test liefert es uns aber schwarz auf weiß und gibt uns ein Vokabular an die Hand – das ist sehr hilfreich, um uns selbst besser zu verstehen und gezielt mit unseren Talenten zu arbeiten.

Mit welchen Motiven kommen die Menschen zu Ihnen als Coach?

Zwei Motive kommen besonders häufig vor: Die einen wissen nicht genau, was sie machen wollen und hoffen, mithilfe des Strengthsfinders und eines Coachings Impulse zu bekommen, in welcher Richtung es beruflich weitergehen soll.

Die anderen wollen noch mehr aus sich herausholen, wollen an sich arbeiten, effizienter und effektiver werden.

Was ist mit Menschen, die vor der Entscheidung stehen, sich selbstständig zu machen. Kann der Strengthsfinder hierbei helfen?

Der Strengthsfinder bietet als Persönlichkeitstest natürlich keine konkreten Entscheidungshilfen wie bei der Frage „Selbstständigkeit – ja oder nein?“. Überhaupt halte ich es für bedenklich, wichtige Entscheidungen allein auf Basis eines Tests zu treffen.

Was man aber bekommt, sind viele Anhaltspunkte: Welche Kompetenzen benötige ich für die Selbstständigkeit und passen meine Talente dazu? Gemeinsam mit einem Coach lässt sich daraus dann vieles ableiten, reflektieren und diskutieren. So entsteht dann auch eine Basis für gute Entscheidungen.

Sie sprechen das Coaching an. Brauche ich einen Coach, damit mir der Strengthsfinder etwas nützt?

Nein, nicht unbedingt. Das Testergebnis liefert neben der Beschreibung der Talente auch einige Impulse zum weiteren Arbeiten an den eigenen Talenten. Ein Coaching geht natürlich deutlich weiter. Der Coach kann mit seiner Erfahrung und den zusätzlichen Tools, die er an der Hand hat, viele Hilfestellungen geben.

Damit der Strengthsfinder seinen Nutzen wirklich entfalten kann, ist es entscheidend, dass man mit den Ergebnissen auch wirklich arbeitet. Eine Formel lautet: Talent x Investment = Stärke.

Ein Talent ist also nur die Veranlagung für eine Stärke – erst eine Investition durch aktives Arbeiten und Ausbauen des Talents formt diese Stärke.

Genau hier sehe ich das größte Problem: Wenn ich einen solchen Test mache, bin ich vom Ergebnis für kurze Zeit beeindruckt – und dann landet es ruck-zuck in der Schublade. Wie schaffe ich es, wirklich etwas aus dem Ergebnis zu machen?

Eine Möglichkeit ist dann tatsächlich ein Coaching – denn hier bringen Kontinuität, Verbindlichkeit und Investition Sie vermutlich dazu, am Ball zu bleiben. Aber auch alleine kann das klappen. Man muss bis zu einem gewissen Punkt dran bleiben, dann hat man es im Kopf verankert und auch im Alltag vor Augen.

Ich empfehle, dafür drei Phasen einzuhalten: Name it! Claim it! Aim it! Sprich: Zunächst sollte man sich mit den Beschreibungen der Talente ausführlich auseinandersetzen, sie verstehen und über ihre Bedeutung für die eigene Persönlichkeit und Arbeit nachdenken.

In der zweiten Phase sollte man aus den Talenten ableiten, was diese konkret für die persönliche Weiterentwicklung bedeuten, und sollte diese annehmen und akzeptieren.

Und in der dritten Phase leitet man einen konkreten Aktionsplan aus den Talenten ab, zum Beispiel zunächst mit einem Zeithorizont von sechs bis zwölf Monaten.

Wie groß ist die Nachfrage beim Strengthsfinder und dem passenden Coaching?

Ich merke, dass das Interesse und die Nachfrage zu diesem Thema kontinuierlich steigt. Immer mehr Menschen wollen beruflich etwas für sie Bedeutungsvolles tun, wollen ihre Talente entfalten und suchen Arbeit, die ihren Stärken entspricht.

In der Wissenschaft ist eine stärkenorientierte Herangehensweise bei Persönlichkeits- und Personalentwicklung schon sehr präsent – auch die Medien berichten mehr und mehr. Wie so oft dauert es eben ein bisschen, bis so etwas auch in vielen Unternehmen aufgegriffen wird.

Hier* kannst du das Buch zum Strengthsfinder bestellen und den Test machen.

7 Kommentare, sei der nächste!

  1. Hallo Alexander,
    das ist ein wirklich interessanter Artikel geworden. Von dem Strengthsfinder-Test habe ich noch nie gehört. Wäre vielleicht interessant ihn mal zu machen.
    Ich finde es wirklich erschreckend, wie schon die Potentiale der Kinder unbeachtet bleiben, weil nur der Fokus auf den Schwächen liegt.
    Ich selbst habe lange gebraucht, um für mich zu erkennen, dass ich ein Scanner bin. Seit ich das weiß, kann ich ganz anders und viel entspannter arbeiten.
    Herzliche grüße
    Ulrike Giller

    1. Hallo Ulrike,
      schön, dass dir das Erkennen deiner Scanner-Persönlichkeit so geholfen hat. Wie es mir mit dieser Erkenntnis gegangen ist, habe ich hier ausführlich beschrieben.
      Den Strengthsfinder-Test zu machen, kann ich wirklich nur empfehlen – es geht schnell und einfach und die Basis-Variante ist ja auch günstig. Die Impulse können einen nur weiterbringen, denke ich.
      Viel Erfolg und beste Grüße
      Alex

  2. Hi Alex,

    schön, dass du auf den Test aufmerksam machst!
    Ich arbeite schon ein paar Jahren in meinen Coachings damit und finde ihn richtig gut.
    Und verstehe meine eigenen Denk- und Verhaltensweisen jetzt auch besser.

    Wer den Test ohne Begleitung eines Coachs macht, sollte darauf achten sich wirklich intensiv mit den Talenten zu befassen. Unbedingt die Erklärungen, Beispiele (auch ab S. 191 mit der Führung) durcharbeiten, da man sonst die ganze Tragweite nicht erfasst. Wichtig ist auch die Dynamik zwischen den einzelnen Talenten zu beachten; jenachdem in welcher Kombination sie auftreten wirken sie sich noch ein stückweit anders aus.

    Lg
    Steffi

    1. Hi Steffi,
      danke für dein Feedback und toll, dass du den Strengthsfinder im Coaching einsetzt. Die unterschiedliche Wirkungsweise je nach Kombination der Talente klingt spannend, das werde ich mir noch mal genauer anschauen.
      LG Alex

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